Sie -von allen nur Gretel genannt. Ihr Mann – der erste deutsche Pfarrer, der von den Nazis ermordet wurde. Denn er predigte nicht den neuen Führerkult, sondern Gott, wie er durch Jesus Christus bezeugt wird. Margarete Schneider stand treu an seiner Seite auf dem Weg durch das Martyrium. Stark und bescheiden, geradlinig im Glauben, gefasst und doch leidenschaftlich. Sie zog nach dem Tod ihres Mannes die gemeinsamen 6 Kinder groß und überbrachte seine Botschaft den nachfolgenden Generationen. Das leise Vorbild dieser tapferen Frau spricht umso lauter.“ (aus Paul Dieterich „Margarete Schneider“, Hänssler-Verlag 2019“)
Margarete Schneider starb fast 99-jährig im Dezember 2002.
Zum zehnten Todestag von Margarete Schneider (1904-2002) erinnert die evangelische Kirche an die Frau des „Predigers von Buchenwald“, des im KZ ermordeten Pfarrers Paul Schneider. Sie starb nach Angaben des Kirchenkreises Simmern-Trarbach am 27. Dezember 2002 im Alter von 98 Jahren.
„Wir sind ihr dankbar, weil sie sich die Liebe zu ihrer Kirche bewahrt hat, obwohl die Kirche, insbesondere das damalige Konsistorium der Rheinprovinz, an Paul Schneider, an ihr und der Familie schuldig geworden ist“, sagte der rheinische Präses Nikolaus Schneider. Margarete Schneider sei Zeugin und Teil des Martyriums des Predigers von Buchenwald gewesen, sagte Schneider, der auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist.
Pastorin Elsa-Ulrike Ross aus Weimar, Vorsitzende der Pfarrer-Paul-Schneider-Gesellschaft, würdigte die aus Wildberg im Schwarzwald stammende Pfarrfrau als lebensbejahende Persönlichkeit. Sie habe das Leid in Kraft und Tatkraft umgewandelt: „Ohne sie würde kaum jemand etwas von Paul Schneider wissen.“
Margarete Schneider veröffentlichte ein Buch über ihren Mann, das auch in der ehemaligen DDR erschien. „Sie nutzte jede Möglichkeit, von ihm zu berichten und seinen Weg der Nachfolge Jesu bis in den Tod hinein nachzuzeichnen“, sagte Ross. Dabei sei die Mutter von sechs Kindern immer wieder für Versöhnung und Frieden eingetreten.
Frau Schneider sei dem Hunsrück stets verbunden geblieben und habe sich aktiv an den Gedenkveranstaltungen für ihren Mann beteiligt, hieß es weiter.
Ihr Andenken stehe in den Gemeinden, in denen ihr Mann Pfarrer war, gleichberechtigt neben dem ihres Mannes, betonte der Dickenschieder Pfarrer Dietrich Benninghaus.
Horst Hörpel, Superintendent des Kirchenkreises Simmern-Trarbach, würdigte Margarete Schneider als „eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten, denen ich in meinem Leben begegnen durfte“. Er verwies auch auf ihr Engagement bei den Friedensgebeten in den 80er Jahren am Stationierungsgelände bei Hasselbach. „An ihrem Leben ist deutlich geworden, wie frei ein Mensch sein kann, wenn er sich an das Wort vom Kreuz gebunden weiß“, sagte Hörpel.
Margarete Schneider erhielt für ihr Engagement zahlreiche Ehrungen, darunter das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und die Ehrenbürgerwürde der Hunsrückgemeinde Dickenschied.
1904 Margarete („Gretel“) Dieterich wird am 8.1. als zehntes Kind des Pfarrerehepaars
Karl Dieterich und Marie geb. Rüdiger in Wildberg im Schwarzwald geboren
1913 Umzug; Karl Dieterich wird Pfarrer in Weilheim/Tübingen
Besuch des Lyzeums in Tübingen bis zur Mittleren Reife (10.Klasse)
1916 Die Brüder Ernst und Wilhelm fallen in Frankreich
1918 Konfirmation, Denkspruch Matth. 5,16 „Lasset euer Licht leuchten...“
1920 Der Theologiestudent Paul Schneider wohnt im Sommersemester im Weilheimer Pfarrhaus
1922 Verlobung mit Paul Schneider in Weilheim
1926 Hochzeit in Weilheim (12.8.), Spruch: Ruth 1,16 „Wo du hingehst...“
Einzug ins Pfarrhaus in Hochelheim; Paul Schneider wird in Nachfolge
seines verstorbenen Vaters Pfarrer für die Gemeinden Hochelheim und
Dornholzhausen im Kreis Wetzlar
1927 Geburt des ersten Sohnes Dieterich, genannt Dieter am 20.4.
1929 Geburt der Tochter Eva Maria, genannt Evmarie am 1.9.
Gründung der Frauenhilfe
1930 Geburt des zweiten Sohnes Paul Hermann am 6.12.
1933 Geburt des dritten Sohnes Gerhard am 8.2.
Öffentliche Erklärung Paul Schneiders gegen SA-Stabschef Röhm, darauf Anzeige
und zeitweilige Beurlaubung vom Amt auf Betreiben der NSDAP Wetzlar (Oktober)
1934 Letzte Predigt in Hochelheim (28.1.); erneute Beurlaubung und Versetzung auf die
Pfarrstelle Dickenschied/Womrath im Hunsrück; Umzug nach Dickenschied (25.4.)
Zusammenstoß Paul Schneiders mit dem Kreisleiter der NSDAP bei der
Beerdigung eines Mitglieds der Hitlerjugend in Gemünden.
Daraufhin erste Haftzeit in Simmern vom 13. bis 20. Juni
1935 Geburt des vierten Sohnes Karl Adolf am 17.1.
Zweite Haftzeit in Kirchberg vom 16. bis 19. März
1937 Geburt des fünften Sohnes Ernst Wilhelm am 13.5.
Dritte Verhaftung (31.5.) und „Schutzhaft“ in Koblenz
Ausweisung aus der Rheinprovinz (24.7.); Aufenthalt in Baden Baden
und Eschbach/Usingen z.T. mit Familie; Rückkehr in die Gemeinden auf Bitten des
Presbyteriums (2.10.); Erntedankgottesdienst in Dickenschied; auf dem Weg zum
Gottesdienst in Womrath vierte Verhaftung (3.10.); Polizeigefängnis in Koblenz
(bis 27.11.); nach erneuter Ablehnung der Ausweisung und letztem Wiedersehen
mit Gretel Überstellung Paul Schneiders ins KZ Buchenwald (27.11.), Häftling 2491
1938 Paul Schneider ab April bis zum Tod in Einzelhaft im Arrestzellenbau
1939 Tötung Schneiders im Lazarettbau durch Überdosis Strophanthin (18.7.)
Abholen des Leichnams in Buchenwald durch Margarete Schneider
Überführung des versiegelten Sarges nach Dickenschied am 19.7.
und Beerdigung in Dickenschied am 21.7.
1940 Umzug nach Wuppertal-Elberfeld in ein durch Freunde aus der Bekennenden
Kirche zur Versorgung der Familie angekauftes Haus (25.4.)
1943 Haus brennt durch Luftkrieg ab; im September Umzug nach Tübingen zur Mutter,
die Ende November stirbt.
1945 Wohnung muss für die französische Besatzungsmacht geräumt werden;
Aufteilung der Familie in Notquartiere, bis ihr als Opfer des Faschismus
gegen Jahresende eine Wohnung zugewiesen wird.
1946 Mitaufbau der kirchl. Frauenarbeit und des Müttergenesungswerks
in Württemberg (bis 1959), Rüstzeiten für Landfrauen (bis 1964)
1951/2 Mit Erhard Eppler Gründungsmitglied der Gesamtdeutschen Volkspartei (GVP)
1953 „Der Prediger von Buchenwald“ erscheint, von ihr zusammengestellt und geschrieben
1954 Anlässlich des Kirchentags in Leipzig erstmalig Besuch in Buchenwald
1959 Bau des „Häusle“ in Dickenschied für künftige Sommeraufenthalte
Wohnung in Tübingen wird bis 1964 beibehalten.
1960 Familientreffen in Tübingen mit dem 1955 in die USA ausgewanderten Sohn
Paul Hermann; im Anschluss daran unverschuldeter tödlicher Unfall der Söhne
Dieter und Gerhard; schwere Verletzungen von Karl Adolf (18.4.)
1964 Aufgabe der Wohnung in Tübingen, Winteraufenthalte bei der Tochter Evmarie in
Stuttgart-Botnang (bis 1967)
1983 Winteraufenthalte in Liederbach am Taunus bei ihrer Tochter Evmarie (bis 2001)
1997 Gründung der Pfarrer-Paul-Schneider-Gesellschaft in Weimar
Pflege in Liederbach; ab September 2002 im Pflegeheim in Schwalbach/Taunus
2002 Fast neunundneunzigjährig stirbt Margarete Schneider am 27.12.2002 in Schwalbach
2003 Beisetzung an der Seite ihres Mannes in Dickenschied (4.1.)